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User Research

Lernziele

  • Die Sicht-, Denk- und Arbeitsweise verschiedener BenutzerInnen kennen lernen und sich in sie hinein versetzen
  • Finden und Verstehen der bei Benutzenden in der Praxis auftretenden Anwendungsfälle
  • Unterscheidung von technischen Funktionen und benutzerorientierten Anwendungsszenarien
  • Methoden erproben um die Nutzungserfahrung von AnwenderInnen zu erforschen und besser kennen zu lernen

Aufgaben

Personas

  1. Personen- und Kriterienliste: Erstellen Sie eine Liste von verschiedenen typischen Personen, die als Benutzende der jeweiligen App in Frage kommen (gerne aus dem Kreis Ihrer Freunde und Verwandten).

  2. Erstellen Sie zudem eine Liste mit relevanten Kriterien, welche diese Personen an sich sowie im Kontext der Anwendungsdomäne (=Ihr gewähltes Semesterprojekt) klassifizieren.
    Stellen Sie hierbei auch folgende Überlegungen an:

    1. Nach welchen Kriterien unterscheiden Sie die Personen?
    2. Welche Kriterien identifizieren Sie als relevant für die Klassifikation der Benutzenden?
    3. Welche Kriterien sind für die Anwendungsdomäne relevant?
    4. Welche Ausprägungen besitzen die Kriterien für die jeweiligen Personen?

    Fügen Sie diese Kriterien der Liste hinzu.

  3. Operationalisierung: Eine saubere und systematische Klassifikation der Benutzenden (=Personas) erforderet eine Operationalisierung der Wertebereiche der Kriterien hinsichtlicher quantitativer oder qualitativer Ausprägungen. Beschreiben Sie für jedes Kriterium, nach welchen Ausprägungen Sie hier unterscheiden und begründen Sie Ihre Entscheidung. Gehen Sie inbesondere auf Gründe ein, warum diese Merkmalsunterscheidung für die Anwendungsdomäne relevant ist.

    Erweitern Sie die Personen- und Kriterienliste hin zu einer Matrix/Tabelle, in der die Merkmalsausprägungen enthalten sind. Kennzeichnen Sie die Benutzenden, welche Sie als Primäre Personas auswählen.

  4. Stereotypbeschreibung: Fertigen Sie für mindestens eine dieser Personen (mit besonders starker Ausprägung der Kriterien) eine anschaulische und lebendige Stereotypbeschreibung mit fiktivem oder echtem Namen, Bild, Alter, Geschlecht, Ausbildung, Vorlieben, Hobbys, Charaktereigenschaften etc an. Anhand dieser Stereotypbeschreibung und des darauf aufbauenden Anwendungsszenarios sollen Sie sich später immer wieder vergewissern können, ob das entworfene Design auch wirklich zu diesen Personen passt.

    Welche Informationen stehen in der Stereotypbeschreibung

    Die Stereotypbeschreibung enthält vor allem Informationen zu Charaktereigenschaften und etwaige Lebensumstände; sie soll keine Details zur App-Nutzung enthalten! Diese Informationen erfragen bzw. erfahren Sie ja erst durch das Interview.

Interview

Vorbereitung

  1. Interviewleitfaden: Erarbeiten Sie innerhalb ihres Teams einen Interviewleitfaden, d.h., überlegen Sie sich, welche Fragen Sie im Rahmen des Interviews ihren Personas (=Stakeholdern) stellen, um mehr über die Nutzungsgewohnheiten, Wünsche und Erwartungen zu erfahren. Notieren Sie diese in Form eines Leitfadens für die Durchführung eines teilstandardisierten Interviews.

    Notieren Sie Forschungsfragen und zugehörige Hypothesen, die Sie in den Leitfragen und im Interview bzw. im Zuge der Auswertugn aufgreifen und analysieren.

    Das Interview dient als Grundlage der Erstellung von

    • Anwendungsszenarien
    • (optional) funktionalen und qualitativen Anforderungen (inkl. Quantifizierung)
    • (optional) mind. 1 Begeisterungsfaktor

    Stellen Sie die richtigen Fragen

    Stellen Sie nicht irgendwelche Fragen; die Fragen sollen Ihnen helfen, die NutzerInnen und deren spezifische Bedürfnisse, Lebensgewohnheiten, Wünsche, Nutzungskontexte und Erwartungen besser zu verstehen. Die Antworten sind Basis für die Erarbeitung von Anwendungsszenarios, sowie funktionalen und qualitativen Anforderung (inkl. Quantifizierung) und Begeisterungsfaktoren (siehe KANO-Modell aus der VO).

    Achten Sie auf eine “gute” Interviewvorbereitung und -durchführung

    Je besser Sie das Interview planen und durchführen desto besser nutz- und verwertbar sind die Resultate und Erkenntnisse. Beachten Sie deshalb die Prinzipien einer guten Interviewdurchführung (–> schauen Sie sich hierzu noch einmal die 4 Phasen im User-Research-Foliensatz an).

    • Stellen Sie offene Fragen, bei denen BenutzerInnen über ihre Erfahrungen berichten können
    • Vermeiden Sie Suggestivfragen – das ist, wenn Sie das Interview das erste Mal durchführen, sehr schwer umzusetzen –> bemühen Sie sich und reflektieren Sie die Fragen vorab!
    • Fragen Sie nicht nach irgendwelchen technischen Details; diese sind für die Benutzung irrelevant.
      –> Konzentrieren Sie sich auf die Nutzungserfahrung, d.h., Ziele, den Anwendungskontext und die Lebenssituationen in denen ein Medium / eine Sache / etc. genutzt wird.

Durchführung

Durchführungsoptionen der Interviews

Für die Durchführung der/des Interviews bieten sich mehrere Möglichkeiten:

  1. (beste Option): Falls Sie Zugriff auf echte Personen haben, die ihren Stereotypen entsprechen, dann bitten Sie diese mit Ihnen bzw. Ihrer Gruppe das Interview durchzuführen. Sollte das nicht der Fall sein, dann bitten Sie Freunde / Verwandte / Bekannte / Eltern / Geschwister am Interview teilzunehmen und in die Rolle der Stereotypen zu schlüpfen.
  2. Sie können das Interview während der Praktikumseinheiten vor Ort mit einer Peer-Gruppe durchführen.
    –> Nähere Details zum Ablauf finden Sie in der folgenden Aufgabenbeschreibung.
  3. Sie können das Interview außerhalb der Praktikumseinheiten in Eigenregie mit einer Peer-Gruppe oder anderen Personen durchführen.
  1. Auswahl der Stereotypen: Wählen Sie Personen für das Interview, die zu Ihren ausgewählten Stereotypen passen oder für das Interview in deren Rolle schlüpfen. Lassen Sie die Personen hierzu Ihre angefertigte Stereotypenbeschreibung lessen, so dass diese sich in die jeweilige Lebens- und Nutzungssituation hineinversetzen können.

  2. Rollenfestlegen: Bestimmen Sie aus Ihrem Team jeweils eine/n

    • Moderator: diese Person führt das Interview durch und ist direkte Ansprechperson
    • Protokollant: diese Person protokolliert das Gesagte und notiert Beobachtungen und Reaktionen der Probanden
    • Supervisor (optional): unterstützt und beobachtet die/den ModeratorIn bei der Durchführung und teilt die gewonnenen Eindrücke im Nachgang mit Ihnen und dem Team für eine gemeinsame Reflektion.
  3. Interviewdurchführung: Sind Interviewleitfaden, Stereotypenauswahl und die Rollenfestlegung abgeschlossen, dann führen Sie das Interview durch.

    Interview aus der Stereotypenperspektive

    Wichtig ist, dass die InterviewteilnehmerInnen, sofern sie nicht per se den Stereotpyen entsprechen, das Interview aus der Sicht selbiger durchführen, d.h., die Teilnehmenden schlüpfen in der Rolle der Stereotypen und beantworten die Fragen aus deren Blickwinkel.

Auswertung

Werten Sie das Interview im Team aus. Welche Hypothesen haben sich bestätigt; welche müssen verworfen werden?
Notieren Sie die wichtigsten Erkenntnisse in der Projektmappe.

Anwendungsszenarios

  1. Anwendungsszenario: Schreiben Sie aus den aus dem Interview gesammelten Erkenntnissen mind. 1 Anwendungsszenario pro Stereotyp. Dieses soll lebensnah und anschaulich sein und sich nicht in Details verlieren. Beziehen Sie sich nicht auf Knöpfe und deren Beschriftung (die sind ja noch gar nicht erfunden), sondern bleiben Sie auf der Ebene des mentalen Modells (dabei kann die Ich-Form helfen).

Anforderungsspezifikation (optional)

  1. Anforderungsdokumentation:
    Notieren Sie auf Basis der/des Anwendungsszenarios mind. 1 funktionale und 1 qualitative Anforderung. Achten Sie auf eine korrekte Formulierung und überprüfen Sie auch, ob alle Qualitätskriterien hinreichend erfüllt werden. Überlegen Sie hierbei, wie die Einhaltung eines Qualitätskriteriums nachgewiesen werden kann. Verfeinern Sie die Anforderung, falls ein Qualitätskriterium überhaupt nicht eingehalten wird.

    Korrekte Formulierung

    In der Vorlesung haben Sie ein Tool zur angemessen Formulierung von Anforderungen kennen gelernt; wie heißt dieses? Überlegen Sie auch, warum man dieses einsetzen sollte.

Begeisterungsfaktoren (optional)

  1. Treten Sie mit Ihrem/Ihren Stereotypen in den Austausch und nutzen Sie Kreativitätstechniken um Begeisterungsfaktoren zu identifizieren. Notieren Sie diese und verfolgen Sie diese im weiteren Verlauf des Projekts. Protokollieren Sie kurz den Ablauf des Austausches.

    Implementierung der Begeisterungsfaktoren

    Abhängig von Aufwand und Komplexität müssen Sie die Begeisterungsfaktoren nicht implementieren. Es reicht, wenn Sie diese “mocken”, d.h., demonstrieren, wie eine Implementierung selbiger aussehen könnte. Sie sollen die Begeisterungsfaktoren jedoch im weiteren Entwicklungszyklus (UI-Entwurf etc.) berücksichtigen.

Ergebnisse

Ihre Praktikumsmappe muss folgende ausgearbeitete Artefakte enthalten:

Ergebnisse

  • Benutzer- und Kriterienliste
  • Dokumentiertes Vorgehen der Operationalisierung
  • Dokumentierter Interviewleitfaden mit allen Vorbereitungsphasen
  • Dokumentiertes Interview (autom. Transkript ist i.O.)
  • mind. 1 Stereotypbeschreibung
  • mind. 1 Anwendungsszenariobeschreibung
  • (optional) mind. 1 funktionale und mind. 1 qualitative Anforderung pro Szenario
  • (optional) mind. 1 Begeisterungsfaktor pro Szenario bzw. Stereotyp